Spagat zwischen Arbeit und Familie Interview mit Iris Mydlach - Journalistin und Mutter im Corona-Alltagswahnsinn: Im #homeeverything ist Teamleistung gefragt
Sie sind stellvertretende Leiterin im Sportressort des Hamburger Abendblatts und Mutter von zwei kleinen Kindern – wie hat sich Ihr Alltag durch die Corona-Krise verändert?
Mein Alltag hat sich hauptsächlich dadurch verändert, dass fast alles in meinem Leben zu Hause stattfindet. Der Hashtag #homeverything drückt das ganz gut aus – neben dem eigentlichen Familienleben und dem Arbeitsalltag kommt auf einmal auch die zusätzliche Betreuung der Kinder hinzu, die sonst in der Kita oder der Schule übernommen wurde. Alles läuft zu Hause zusammen – das führt häufig dazu, dass man nicht immer so konsequent zeitlich an einem Stück arbeiten kann. Wenn ich am Laptop sitze, muss ich zwischendurch öfter mal aufstehen und nachgucken, warum gerade jemand von den beiden nach mir ruft. Als Elternteil muss man neben der Arbeit eben noch zusätzlich jemanden versorgen – das ist wirklich die größte Herausforderung.
Hinzu kommt, dass mein Sohn Tim durch einen Hirnschaden eine Behinderung hat und täglich gepflegt werden muss: Jeden Morgen bekommt er Physiotherapie, damit sein Körper mobilisiert wird und er sich besser bewegen kann. Wenn ich mich morgens an meinen Schreibtisch setze, haben mein Mann und ich eigentlich schon zwei Stunden gearbeitet, weil wir die Kinder versorgt und für den Tag startklar gemacht haben.
Ihr Sohn geht noch in den Kindergarten und Ihre Tochter ist gerade in die Grundschule gekommen – konnten sie während der Corona-Zeit zwischenzeitlich betreut werden?
Meine Tochter wurde 2020 unter Corona-Bedingungen eingeschult und konnte zwischenzeitlich in den Präsenzunterricht. Dann wurden im Laufe des Jahres die Schulen wieder geschlossen und aktuell gibt es das Angebot des Wechselunterrichts.
Tim hätte durch seine Behinderung Anspruch auf Notbetreuung in der Kita. Aus Vorsicht vor einer Ansteckung mit einer Corona-Mutation bleibt er aktuell zu Hause. Die Gefahren der Langzeitfolgen sind für ihn als Risikopatient einfach zu groß und nicht abschätzbar. Um ihn besser schützen zu können, bleibt unsere Tochter auch im Homeschooling. Ich hoffe, dass sich die Impf-Lage für Kinder bald bessert. Wir entscheiden im Moment gemeinsam mit Tims Kinderärzten und Neurologinnen von Woche zu Woche, wie wir mit der Situation umgehen.
Was dadurch definitiv bei uns gewachsen ist, ist der Respekt vor der Arbeit von Erzieherinnen und Erziehern sowie Lehrerinnen und Lehrern. Wenn man am Ende des Tages müde ins Bett fällt, weiß man, welchen Löwenanteil Betreuende in unserem Alltag übernehmen. Besonders im Bereich der Inklusion, wie es bei meinem Sohn der Fall ist.